Es hätte schon noch einer weiteren Ebene bedurft, die den Abschussbefehl bestätigt hätte. Aber ob diese dann noch gezögert hätte, wenn Petrow das nicht als Fehlalarm eingestuft hätte, das darf durchaus bezweifelt werden.
Es gab zwei weitere solcher sehr kritischen Situationen offenbar auch schon 21 Jahre früher, nämlich während der Kuba Krise. Beide Ereignisse lagen zeitlich sehr eng beieinander, nämlich am 14. und am 28. Oktober 1962 und spielten sich auf beiden Seiten ab, der US amerikanischen und der sowjetischen Seite.
Und wiederum gab es zwei sehr bemerkenswerte Männer, die beide die Nerven behielten - Wassili Archipow. Er verweigerte ggü. seinem U-Boot Kommandaten den Abschussbefehl sowie ein wenig später bei einem anderen Vorfall auf amerikanischer Seite William Bassett, der sogar einem seiner amerikanischem Offizierskollegen drohte ihn unverzüglich zu erschießen, wenn er nicht sofort die weiteren Vorbereitungen für den Abschuss unverzüglich einstellen würde - und das, obwohl bei der Bitte die Codes erneut zu übermitteln der Abschussbefehl zunächst erneut bestätigt wurde. Erst durch ein telefonisches Nachfragen (3. Überprüfung) kam heraus, dass es bei den Codes einen Übermittlungsfehler gegeben hatte. Die meisten von uns hätten vermutlich bei der 2. Überprüfung, die den Abschussbefehl nochmals bestätigte ohne Weiteres die Abschusssequenzen gestartet.
http://www.spiegel.de/einestages/kub...a-1060165.html
Ich habe verdammt große Achtung vor solchen Leuten, die in kritischen Momenten sehr besonnen reagieren. Wenn es für mich Vorbilder gibt, dann solche Menschen. Diese drei Männer sind die stillen Helden, die Schlimmeres verhindert haben.
Sie werden viel zu wenig geehrt.
Ich hoffe und wünsche mir für die Zukunft, dass es irgendwo auf diesem Planeten, und zwar auf nordkoreanischer wie auch auf amerikanischer Seite und ebenso auf der russischen und chinesischen Seite weitere Petrows, Archipows und Bassetts gibt, die uns vor Schlimmerem bewahren.
Nachtrag: Ich empfehle denjenigen, die es interssiert zur nachdenklichen Lektüre über menschliches Entscheidungsverhalten das Buch "Die Logik des Misslingens". Hier wird unter anderem auch der sehr interessante Ablauf und das menschliche Verhalten sowie die fatalen (Fehl-)Annahmen während der Kernschmelze im sowjetischen Kernreaktor Tchernobyl sehr genau beschrieben, was letztlich zur Katastrophe führte.
Das Beispiel - auch wenn es hierbei nicht um Krieg geht - zeigt sehr schön, wie man scheinbar logisch handelt, indem man unreflektiert die Situation als offenbar klar und eindeutig hinnimmt und naheliegende Maßnahmen nach Schema F einleitet - insofern passt das sehr gut zu den oben zitierten Beinahe Katastrophen bei der atomaren Abschreckungspolitik der letzten 50 Jahre, und auch auf den aktuellen Konflikt zwischen den USA und Nordkorea.
Es hilft durchaus in kritischen Situationen das Mittel der "paradoxen Intervention" anzuwenden.
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